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Pilotprojekt

Wie vier Gemeinden Freiwillige neu gewinnen

von Carmen Schirm-Gasser
min
26.06.2025
Seit Februar koordiniert eine Quereinsteigerin das Freiwilligenengagement in vier reformierten Gemeinden im Klettgau. Ihr Ziel: Menschen motivieren, begleiten – und die Kirche als lebendige Gemeinschaft stärken.

Am 1. Februar begann für Nina Eigenheer ein neues Kapitel: Die 62-Jährige übernahm die Leitung eines dreijährigen Pilotprojekts zur Förderung des freiwilligen Engagements in den Kirchgemeinden Trasadingen, Osterfingen und Wilchingen (TOW) sowie in Hallau. Was sie an der Stelle reizt? «Es ist ein Pilotprojekt, das es so noch nicht gab. Und es ist eine sinnstiftende Aufgabe, das hat mich besonders angesprochen.» Seit ihrer Jugend engagiert sie sich selbst ehrenamtlich, nun macht sie die Förderung von Freiwilligen zu ihrem Beruf.

Die vier Gemeinden, für die sie in einem 50-Prozent-Pensum zuständig ist, unterscheiden sich in ihren Bedürfnissen und Erwartungen. «Mir gefällt, dass nichts festgefahren ist. Wir schauen gemeinsam, wo die Schwerpunkte liegen, und die können in jeder Gemeinde anders sein.» Diese Offenheit empfindet sie als Bereicherung. Besonders schätzt sie, dass sie als Aussenstehende – sie wohnt seit 30 Jahren in der Stadt Schaffhausen – neutral wahrgenom­men wird. Das erleichtert den Zugang: «Es sind bereits Menschen auf mich zugekommen, die mir Anliegen ans Herz gelegt haben.»

Freiwillige gewinnen und begleiten

Ziel des Projekts ist es, mehr Menschen für ein freiwilliges Engagement zu gewinnen und bestehende Freiwillige besser zu begleiten. Die Koordinatorin sieht sich als Bindeglied zwischen Kirchenstand, Freiwilligen, politischer Gemeinde und Schulen. Sie besucht Veranstaltungen, Gottesdienste, Seniorennachmittage und Sitzungen, um die Menschen kennenzulernen. «Ich will eine greifbare Ansprechperson sein, für Freiwillige und für die Gemeinde.» Bereits in den ersten Wochen konnte sie viele wertvolle Kontakte knüpfen. Die Interessierten bringen eigene Ideen ein: Eine Frau möchte sich gerne in der Seniorenarbeit engagieren, eine andere möchte bei Kinderangeboten aktiv mitwirken. «Es ist bunt gemischt – und es geht nicht nur um bestehende Programme, sondern auch um neue Anregungen und Aktivitäten in den Gemeinden.»

Wertschätzung und Mitbestimmung

Als Koordinatorin bringt Nina Eigenheer vielfältige Berufserfahrungen mit: Sie war in der Erwachsenenbildung, im Verkauf, im Marketing, in der Reisebranche und im Journalismus tätig. «Viele dieser Tätigkeiten haben mit Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit zu tun – das kann ich hier einbringen.»

Zur reformierten Kirche kam sie eher zufällig: «Ich glaube an Gott, bin aber keine regelmässige Kirchgängerin. Das Inserat hat mich hauptsächlich angesprochen, weil man etwas bewegen kann. Ich bin Quereinsteigerin, und das ist ja gerade jetzt ein grosses Thema in der Kirche.»

Ein zentrales Anliegen ist ihr die Wertschätzung der Freiwilligen. «Das kann ein gemeinsames Essen nach einem Projekt sein oder ein kleines Präsent. Wichtig ist für mich, dass die Menschen nicht nur Aufgaben bekommen, sondern mitbestimmen und eigene Ideen entwickeln können.» Auch neue, bislang kirchenferne Personen sollen gewonnen werden.

Wie viele Freiwillige es bislang in den vier Gemeinden gibt, vermag sie nicht zu sagen. «Wir sind gerade dabei, eine zentrale Erfassung der Freiwilligen aufzugleisen.» Doch der Datenschutz erschwert den Zugang. Gerne würde die Koordinatorin einen Versand an all jene machen, die sich bislang in irgendeiner Form engagiert haben. Dafür möchte sie einen Fragebogen verschicken und um Hinweise bitten, was bislang gut lief, was nicht, wer gerne welche Ideen realisieren würde. «Wir suchen nach Lösungen, wie wir die Kontakte zentral erfassen können, ohne den Datenschutz zu verletzen.» Auch die Organisation der Zusammenarbeit ist im Wandel: «Manche Gruppen nutzen WhatsApp, andere lehnen das ab. Das alles nun unter einen Hut zu bringen, ist eine erste Herausforderung in meinem neuen Job.»

Projekt der Kantonalkirche und des Zukunftsfonds

Manche Angebote, wie die Sonntagsschule Kolibri, mussten mangels Freiwilligen eingestellt werden. Die Koordinatorin fragt: «Ist der Kolibri noch zeitgemäss? Oder braucht es neue Formate?» Auch traditionelle Projekte wie das Krippenspiel an Weihnachten stehen auf dem Prüfstand, seit die Schulen sich zurückziehen. «Wahrscheinlich werden wir künftig noch mehr Projekte gemeinsam machen – in TOW sind ja seit 1997 bereits drei Gemeinden in einer Pastoralgemeinschaft verbunden.» Künftig wird Nina Eigenheer je ein Büro in der Pastoralgemeinschaft TOW und in Hallau beziehen, um noch näher an den Menschen zu sein. «Ich stelle mir eine Art Sprechstunde vor. So können die Leute vorbeikommen mit Anliegen oder Ideen.»

Das Projekt wird überwiegend von der Kantonalkirche und dem Zukunftsfonds getragen, die Gemeinden beteiligen sich anteilig. Wenn das Modell sich so entwickelt wie geplant und nach den drei Jahren erfolgreich ist, könnte es auch auf Kirchgemeinden in einer anderen Region übertragen werden, die sich für eine gemeinsame Koordination in der Freiwilligenarbeit entscheiden.

 

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