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Wie das neue Jahr zu seinem Anfang kam

von Hans Herrmann, reformiert.info
min
28.12.2022
Neujahr war nicht immer am 1. Januar. Auch andere Termine hatten einst diese Funktion – aber immer spielten Religion und Kirche mit hinein.

Bumm – bald steht wieder ein Jahreswechsel an, mit Feuerwerksknall und Glockenschall. Warum eigentlich findet in der westlichen Welt der Sprung vom alten ins neue Jahr ausgerechnet mitten im Winter statt, an einem Datum ohne jeglichen astronomischen und somit natürlichen Bezug?

Logischer wäre es doch, ein neues Jahr am 21. März zu beginnen, zeitgleich mit dem Frühlingsäquinoktium und damit dem offiziellen Frühlingsbeginn. Astronomisch, praktisch, gut. So, wie es viele Völker im Kaukasus, in der Schwarzmeerregion, im Nahen Osten und in Zentralasien mit ihrem Novruz-Fest handhaben.

Vier Monate am falschen Platz
Dieser jahreszeitlichen und fast zwingenden Logik fügten sich ursprünglich auch die Römer. Die Amtszeit der beiden Konsuln, also der höchsten römischen Staatsbeamten, begann jeweils am 1. März, dem meteorologischen Frühlingsbeginn, und damit begann auch das römische Kalenderjahr. Damals hatten die «zählenden» Monatsnamen September (der Siebte), Oktober (der Achte), November (der Neunte) und Dezember (der Zehnte) auch noch ihren richtigen Platz im Reigen der Monate.

Dass diese Zählung heute nicht mehr stimmt und das Jahr bereits im Januar beginnt, hat seinen Grund in einem längst vergangenen Krieg. Die auf der Iberischen Halbinsel lebenden Kelten machten den Römern anderthalb Jahrhunderte vor Christi Geburt zunehmend zu schaffen. Die Lage drohte aus den Fugen zu geraten, deshalb plante Rom für das Jahr 153 einen Feldzug, angeführt von einem neuen Konsul, der hierzu besonders geeignet schien: Quintus Fulvius Nobilitor.

 

Die germanischen Völker richteten sich beim Neujahrstermin nach der Wintersonnenwende.

 

Allerdings wollten die Römer aus taktischen Gründen im Januar losschlagen und nicht erst im März. Der neue Konsul und Feldherr wäre zu diesem Zeitpunkt jedoch noch gar nicht im Amt gewesen. Deshalb verlegte man dessen Amtsübernahme kurzerhand auf den 1. Januar vor. Danach behielt man diesen Termin bei, und das römische Jahr bekam dauerhaft ein neues Anfangsdatum.

Für die germanischen Völker, die im Frühmittelalter das untergegangene römische Reich beerbten, war dies noch lange kein Grund, ihr neues Jahr ebenfalls exakt am 1. Januar beginnen zu lassen. Für sie war, als sie noch ihren alten Götterglauben praktizierten, die Wintersonnenwende und damit das neu erstarkende Sonnenlicht entscheidend. Somit wurde das germanische Neujahr, je nach Bevölkerung und Region, zwischen dem 24. Dezember und dem 6. Januar gefeiert.

In den Tagen beziehungsweise Nächten zwischen diesen Terminen, den «Zwölften», war es nach alter Vorstellung nicht geheuer; Göttervater Wodan ritt mit seinem Geisterheer durch die Lüfte, und wer dieser «wilden Jagd» begegnete, musste sich vorsehen. In den Raunächten mit ihren Bräuchen und Überlieferungen (Wahrträume, die Geister mit Rauch vertreiben und anderes mehr) hat sich etwas von dieser Vorstellungswelt bis heute erhalten.

Die Qual der Wahl
Als die Germanen Christen wurden, bot sich die christliche heilige Nacht, also der 24. Dezember, als Neujahrstermin weiterhin an. Beliebt war auch der 6. Januar, auch Epiphanias genannt: Nach christlichem Kalender ist dies der Tauftag Christi, an dem er am Jordan einst seine göttliche Natur offenbarte.

Als Übertritt in ein neues Jahr konnten im Mittelalter auch Ostern oder der 25. März gelten, der Tag, an dem Maria nach christlicher Tradition Besuch vom Engel erhielt. Dieses Datum liegt in komfortabler Nähe zur Tagundnachtgleiche im Frühling.

Erst im Jahr 1691 wurde der Neujahrstermin für den westlichen Kulturkreis von Papst Innozenz XII. definitiv auf den 1. Januar festgelegt. Dabei mag sicher die Erinnerung an den Amtsantritt der altrömischen Konsuln eine Rolle gespielt haben. Gleichzeitig existiert auch eine christliche Begründung: Am 1. Januar fand gemäss Überlieferung die Beschneidung des Jesusknaben nach jüdischem Brauch statt.

Auch wenn der westliche Neujahrstermin seit 331 Jahren einheitlich geregelt ist, klingt heute immer noch eine Erinnerung an die alternativen Neujahrstermine des Mittelalters an: Das Kirchenjahr beginnt nicht mit dem säkularen Jahr, sondern bereits am 1. Advent.

Hans Herrmann, reformiert.info

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